Gotthard-Basistunnel, Schweiz – Gähler und Partner AG

Der Tunnel der Superlative Gotthard-Basistunnel, Schweiz. Es ist ein Jahrhundertprojekt, das Ende der 90er Jahre an mehreren Stellen in Angriff genommen wurde. 2017 werden Züge mit bis zu 250 km/h den Gotthard-Basistunnel durchfahren. In planerischer Hinsicht werden Gähler und Partner, hauptsächlich unterstützt von der Software Allplan Ingenieurbau, dann einen beträchtlichen Anteil des finalen Erfolges für sich verbuchen können.

copyright by Gähler und Partner AG

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Der Gotthard-Basistunnel gilt als eine der Pionierleistungen des 21. Jahrhunderts. Nach seiner Fertigstellung wird er mit einer Länge von 57 Kilometern der längste Tunnel der Welt und die schnellste Querung der Alpen sein. Ziel des Projekts ist es, die Schweiz an die europäischen Hochgeschwindigkeitssysteme anzubinden und die wachsenden Verkehrsströme in den Alpen soweit wie möglich auf die Bahn zu verlegen. Durch die Möglichkeit, auf der neuen Strecke schnellere und längere Züge einzusetzen, wird sich die Kapazität des Güterverkehrs mehr als verdoppeln. Im Personenverkehr wird sich die Fahrzeit zwischen Zürich und Mailand von heute mehr als vier auf weniger als drei Stunden verringern.

FÜNF FRONTEN UND UMFASSENDE LOGISTIK
Um das Großprojekt innerhalb kurzmöglichster Zeit bewältigen zu können, wurde es in fünf Abschnitte aufgeteilt: Von Norden nach Süden folgen aufeinander Erstfeld (7,4 km), Amsteg (11,4 km), Sedrun (6,8 km), Faido (14,6 km) und Bodio (16,6 km). Die drei mittleren Abschnitte werden über Zwischenangriffe ausgebrochen. Die außergewöhnlichen Dimensionen erfordern große logistische Anstrengungen. Von allem wird mehr benötigt, als im Tunnelbau sonst üblich ist: Etwa mehr Frischluft, weil ein größeres Tunnelvolumen belüftet werden muss, mehr Transportgeräte für Menschen, Baumaterial und Ausbruch, mehr Rettungsmaterial sowie mehr Kühlung.
ERSTFELD UND AMSTEG
1994 erhielt die Ingenieurgemeinschaft Gotthard-Basistunnel-Nord unter der Federführung von Gähler und Partner AG, den Auftrag für die Planungsarbeiten und die örtliche Bauleitung der nördlichen Teilabschnitte Erstfeld und Amsteg. Auch die dazugehörige Umweltbaubegleitung und Geologie sind Teil des Auftrags. Das Los Erstfeld, mit einer Länge von 7,4 Kilometern, umfasst neben den beiden Einspurtunnelröhren und 22 Querstollen ein unterirdisches Verzweigungsbauwerk, für die künftige Verlängerung des Tunnels in Richtung Norden. Ebenfalls in die Planung inbegriffen ist der 600 m lange Tagbautunnel, das Nordportal sowie sämtliche baubetrieblich erforderlichen Außenanlagen wie Baustellenbahnhof, Betonaufbereitung, Wasserbehandlungsanlagen. Zum darauf folgenden Teilabschnitt Amsteg (Länge 11,4 Kilometer) zählt neben dem eigentlichen Tunnel mit 38 Querstollen und einem Leitungskabelstollen (1,9 km) der nördliche Zwischenangriff. Dieser besteht aus einem Zugangsstollen von 1,8 km Länge, sämtlichen Außenanlagen und verschiedenen Anpassungen an kommunale Infrastrukturbauten. Beispielsweise musste eine Kantonstraße verlegt werden, weil sich ihr ursprünglicher Verlauf mit dem Portal des Zugangsstollens überschnitt.
Innerhalb der Ingenieurgemeinschaft planten Gähler und Partner AG die beiden Hauptvortriebe Erstfeld und Amsteg sowie sämtliche Außenanlagen in Amsteg wie Straßenumlegungen und neue Erschließungsstraßen, Installationsflächen, Flächen für Unterkünfte, Kantinen und Büros, sowie die Anpassung des bestehenden Werkgleises zwischen Erstfeld und Amsteg samt Baustellenbahnhof.

„Im Projekt kommt eine Vielzahl von Programmen in den unterschiedlichsten Versionen zum Einsatz. Entsprechend wichtig ist es, die Pläne in einwandfreier Qualität austauschen zu können.“
Raphael Wick, Gesamtprojektleiter seitens Gähler und Partner AG

Gähler und Partner AG verwendet Allplan Ingenieurbau mit 18 Lizenzen auch in allen weiteren Projekten im Hochbau, in der Tragwerksplanung, in der Haustechnik sowie im Tief- und im Untertagebau. Die Arbeiten in Amsteg waren noch mit Speedikon geplant worden. Gegen Ende der Bauarbeiten in Amsteg und dem Beginn der Ausführungsplanung in Erstfeld kam der Umstieg auf Allplan. Die neue Software bestand ihre Feuertaufe ohne Schwierigkeiten: Alle Pläne des ersten Bauabschnitts konnten fehlerfrei übernommen und im zweiten Bauabschnitt problemlos weiterbearbeitet werden. „Dass die Datenübernahme aus diesem vergleichsweise artfremden und alten System so gut funktioniert hat, war für uns ein wesentlicher Erfolgsfaktor“, erinnert sich Raphael Wick, Gesamtprojektleiter seitens Gähler und Partner AG.
Auch in der Zusammenarbeit innerhalb der Ingenieurgemeinschaft und mit den anderen Baubeteiligten profitieren Gähler und Partner beim Datenaustausch von der Zuverlässigkeit von Allplan: „Im Projekt kommt eine Vielzahl von Programmen in den unterschiedlichsten Versionen zum Einsatz. Entsprechend wichtig ist es, die Pläne in einwandfreier Qualität austauschen zu können. Es ist ungemein aufwändig, wenn die Pläne erst aufbereitet werden müssen, weil Details wie Strichfarben und stärken nicht stimmen oder Schriften verzerrt sind. Mit Allplan gibt es dabei keine Probleme“, so Raphael Wick.
„Allplan erleichtert auch die Planbearbeitung und reduziert die Fehleranfälligkeit. Trotz Standardisierung haben wir rund 120 verschiedene Blockpläne und über 1000 Pläne insgesamt erstellt. Eine riesige Datenmenge, die das Programm aber problemlos bewältigt“, meint der Bauingenieur.

KOSTENOPTIMIERUNG MITTELS CAD
Zur Optimierung des Betonverbrauchs und damit der Kosten haben die Ingenieure ein System mit größenverstellbaren Schalungen entwickelt. Die Festlegung der jeweiligen Schalungsgeometrie erfolgt dabei mit Allplan. Eine digitale Oberflächenvermessung, welche die genaue Lage der Ausbruchsicherung zeigt, wird in Allplan eingelesen und mit den Normalprofilen hinterlegt. Unter Berücksichtigung der minimalen Bauteilabmessungen und der geometrischen Randbedingungen aus dem Betrieb wird anschließend die optimale Schalungskonfiguration ermittelt.

HOHE GEOTECHNISCHE BEANSPRUCHUNGEN IM GRIFF
„Die großen Überlagerungen von bis zu 2400 Metern können beim Gotthard-Projekt in Störzonen zu ungewöhnlich hohen Spannungen führen. Es kam an verschiedenen Stellen vor, dass die hohen Drücke selbst Ausbruchsicherungen mit massiven Stahlprofilen innerhalb nur weniger Wochen deformierten und Reprofilierungen nötig wurden“, beschreibt Raphael Wick. Mit Unterstützung von Allplan begegnen die Ingenieure derlei statischen Herausforderungen auf zwei Arten: Entweder dadurch, dass sie an den fraglichen Stellen entsprechend hohen Widerstand in Form von Stahlbogen, Bewehrung und Spritzbeton einplanen. Oder durch den Einbau weicher Bereiche, innerhalb derer sich das Gebirge verformen kann. Hierzu werden spezielle Stahlprofile verwendet, die sich – ähnlich wie Stoßdämpfer – zusammenschieben lassen. Zusätzliche Verstärkungen verhindern Restbewegungen. In solchen Bereichen mit hohen geotechnischen Beanspruchungen wurde das Innengewölbe bewehrt. Die Bewehrung wurde mit Hilfe des Allplan Bewehrungsmoduls entworfen. Neben der Möglichkeit der 3D-Darstellung von komplexen Elementen war es sehr hilfreich, dass die Software die Stücklisten der Bewehrungselemente automatisch ermittelt und sich damit das manuelle Auszählen erübrigt.

2D FÜR STANDARDS, 3D FÜR SPEZIELLES
Für Standardplanungen erarbeiten Gähler und Partner Grundrisse, Schnitte und Details in Allplan in 2D. An schwierigen Stellen oder um Problembereiche aufzuzeigen, ziehen die Ingenieure jedoch die 3D-Planung vor und arbeiten mit Visualisierungen. So lässt sich beispielsweise geometrisch überprüfen, ob ausreichend Platz zur Verfügung steht, ob Gewölbestärken und Lichtraumprofile stimmen oder ob die gedachten Kabelführungen möglich sind.
Gerade im Zusammenhang mit Kabelrohranlagen, die ihre Richtung ändern, ergeben sich immer wieder planerische Herausforderungen. So kommen die Anlagen bisweilen horizontal aus der Sohle des Tunnels, enden aber vertikal im Tunnelgewölbe und ändern dabei sehr oft noch die Richtung. Auch laufen häufig mehrere Kabelschutzrohre zunächst parallel im gleichen Querschnitt, um sich an einer bestimmten Stelle zu trennen und in ihrem weiteren Verlauf unterschiedlichen Richtungen zu folgen. Erschwerend kommt hinzu, dass je nach Kabelart maximale Biegeradien zu berücksichtigen sind. Ein anderes Beispiel für eine schwierige Stelle liegt in Amsteg, wo sowohl der Zugangsstollen als auch ein Kabelstollen für die Bahnstromversorgung auf die beiden Tunnelröhren treffen. Die sich ergebenden räumlichen Verschneidungen der verschiedenen Strukturen wurden ebenfalls in 3D geplant.
Raphael Wick: „Ich erinnere mich noch genau daran, als ich im Januar 2002 in der Kaverne in Amsteg gestanden bin und mir gedacht habe: Von hier aus geht es also noch 50 Kilometer durch den Fels. In Erstfeld und Amsteg werden wir unsere Planungsarbeiten voraussichtlich 2014 abgeschlossen haben. 2017 ist dann hoffentlich das Gesamtprojekt abgeschlossen und die Inbetriebsetzung kann erfolgen. Sicher das größte Untertageprojekt meines Lebens“.

© 12.2010 Allplan GmbH, Munich, Germany; © Bilder: Gotthard Basistunnel, Schweiz, Gähler und Partner AG, Ennetbaden, Schweiz